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Berlin Alexanderplatz: Mythos, Treffpunkt, Schmuddelecke?
Täglich kreuzen etwa 350.00 Menschen den größten Platz Deutschlands. Gäste lieben ihn, viele Berliner meiden ihn und zahlreiche Anwohner sind genervt. Wie die Spreemetropole generell, hat auch der Alexanderplatz viele Facetten: Touristenmagnet, Verkehrsknotenpunkt, Shoppingmeile, Kundgebungsplatz, Verweiloase, Volksfesttreff und Baustelle. Durch die vielfältige Nutzung bedingt, gibt es viel Müll und Lärm, aber auch Brunnenplätschern und Vogelgezwitscher.
Das Areal zwischen Rotem Rathaus und Memhardstraße ist spätestens seit Alfred Döblins Roman international bekannt und hat ein gewisses Flair. Zudem befindet sich der Alexanderplatz auch geographisch im Zentrum der deutschen Hauptstadt und präsentiert seit 50 Jahren das höchste Highlight Berlins: den Fernsehturm.
Unter dem Thema „Berlins Mitte zwischen Tradition und Moderne – was Gäste bewegt“ diskutierte auf dem vom TourismusDialog.Berlin organisierten Medienforum am 30. September 2019 eine fachkundige Expertenrunde mit Christina Aue, Geschäftsführerin der TV-Turm Alexanderplatz Gastronomiegesellschaft mbH, Dr. Stefan Elfenbein, Juryvorsitzender des Wettbewerbs „Berliner Meisterköche“, Guido Herrmann, Vorstandsvorsitzender des Vereins „Die Mitte“, Carsten Spallek, Bezirksstadtrat von Berlin-Mitte, sowie PR-Agenturchef David Eckel als Moderator.
Zunächst stand die im Berliner Tourismuskonzept 2018+ angestrebte Entzerrung der Besucherströme im Fokus. Ein umstrittenes Ziel für den stark frequentierten Bezirk Mitte. Sehenswürdigkeiten wie das Rote Rathaus, die Museumsinsel, das Brandenburger Tor, die Friedrichstraße und den Fernsehturm könne man nicht verschieben, gab Bezirksstadtrat Spallek zu bedenken. Er bemängelte, dass zu wenig Mittel aus der Citytax, die übrigens nicht in die Kassen des Bezirksamtes fließen, für die Gestaltung und Reinigung der Straßen und Plätze ausgegeben werden. Fernsehturmrestaurant-Chefin Christina Aue wollte die Problematik nicht “so schwarz-weiß“ beurteilen. Berlin ließe sich nicht auf die eine oder andere Sehenswürdigkeit reduzieren, sondern verfüge über ein breites Portfolio an Besonderheiten, die nur mehr publik gemacht werden müssten, sagte sie. Trotzdem benötige speziell der Alexanderplatz mehr Aufenthaltsqualität, denn er sei – so Aue – zu lange sich selbst überlassen worden. In praxi bedeutet das weniger Veranstaltungstage mit Rummelplatzatmosphäre, mehr Sauberkeit, Sicherheit und Grünflächenpflege.
Ähnliches forderte Guido Herrmann für die ebenfalls weltbekannte Friedrichstraße. Die Idee einiger Senatsmitglieder, die Bummelmeile komplett autofrei zu gestalten, ist aus seiner Sicht nicht die Ultima ratio.
Dr. Stefan Elfenbein, der sich seit über 20 Jahren für das kulinarische Niveau Berlins engagiert, verwies auf die vor allem von Touristen gesuchte Authentizität einer Stadt. Deshalb wird seit 2018 beim Wettbewerb der Berliner Meisterköche nunmehr auch ein Kiezmeister ermittelt. „Berlins Kleinteiligkeiten sind doch spannend“, unterstrich er.
Gleichwohl plädierte die Runde unisono für mehr stadtgestalterische Visionen in Bezug auf historisch bedeutsame Plätze wie den Alexanderplatz, ohne dessen Freiräume zu beschränken. Guido Herrmann brachte es auf den Punkt: „Die Stadt ist für die Menschen da!“ Nach dem Motto von Friedrich II., dass jeder nach seiner Fasson selig werden sollte, stellte die Runde fest, dass Berlin im 30. Jahr des Mauerfalls ein Signal in die Welt sende und für Freiheit und Demokratie stehe, Kreativität inklusive.
Marion Schlag