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Moderation Elke Bitterhof und Vertreter des hauptstädtischen Landesdenkmalamtes, Dr. Michael Mallaris (v.r./Foto: Gero Schreier)
Moderation Elke Bitterhof und Vertreter des hauptstädtischen Landesdenkmalamtes, Dr. Michael Mallaris (v.r./Foto: Gero Schreier)

Berlins Architektur fasziniert nicht nur Touristen

Am 10. August 2021, einem sonnigen Sommernachmittag, trafen sich mehr als 25 Interessenten zum „TourismusDialogBerlin“ auf dem Berliner Gendarmenmarkt. Sie wollten während eines Stadtspazierganges erfahren, was denn Berlin-Touristen an der Architektur der Hauptstadt so fasziniert. Das hieß, den Spuren der Berliner Architektur im Wandel der Zeiten zu folgen.

Die entsprechenden Sachinformationen vermittelte als Vertreter des hauptstädtischen Landesdenkmalamtes, Dr. Michael Mallaris.

Recht schnell wurde deutlich, dass sich in Berlin der Bogen eindrucksvoller Bauwerke des Mittelalters, über einzigartige Monumente vergangener Jahrhunderte, bis hin zu spektakulären modernen Bauten spannt. Und Dr. Mallaris erläuterte, wie sich die Stadt in den kommenden Jahrzehnten entwickeln soll, mit einem besonderen Blick auf eine smarte Stadtgestaltung und nachhaltigem Bauen.

Schon der Ausgangspunkt des Stadtspazierganges, der Gendarmenmarkt, bot Gelegenheit, Architektur aus zwei Epochen zu erkunden. Auf der einen Seite der ältere Deutsche und der Französische Dom, die das Konzerthaus einrahmen und gegenüber gelegen die Berlin-Brandenburger Akademie der Wissenschaften. An deren linker und rechter Seite sich architektonisch angepasste Bauten aus Zeiten der DDR in interessanten Ausführungen anschließen.

„Die Geschichte der Architektur in der Stadt wird nicht in alt und neu gegliedert, sondern alle Epochen sind gleichberechtigt“, war von Dr. Mallaris zu hören, der das am Beispiel der Karl-Marx-Allee verdeutlichte, die unlängst in das Weltkulturerbe aufgenommen wurde und ein Alleinstellungsmerkmal besitzt.

Der Weg führte zunächst durch die Jägerstraße, hin zur Friedrichswerderschen Kirche. Sie wurde im Auftrag des preußischen Kronprinzen Friedrich Wilhelm in den Jahren 1824 bis 1831 von Karl Friedrich Schinkel im Stil der Neogotik errichtet. Als erster repräsentativer Ziegelbau seit dem Mittelalter fand sie schon damals große Beachtung. Nach schwerer Beschädigung im 2. Weltkrieg, wurde der einschiffige, doppel-türmige Sakralbau 1982 bis 1987 rekonstruiert. An die ursprüngliche Nutzung als evangelische Kirche erinnern heute noch der Altar, die Kanzel und die farbigen Glasfenster im Innern. Aktuell beheimatet sie Skulpturen des 19. Jahrhunderts aus der Sammlung der Nationalgalerie.

Auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat man einen freuen Blick auf den Neubauteil des Auswärtigen Amtes. Dahinter befindet sich – von hier aus nicht sichtbar – das ehemalige Gebäude des ZK der SED.

Nur einen Steinwurf entfernt, erreicht man die Berliner Bauakademie, auch Schinkelsche Bauakademie genannt. Mit ihrer roten Ziegelfassade, 1832 bis 1836 nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel errichtet, gilt sie als ein früher Ursprungsbau der Moderne. Im 2. Weltkrieg ausgebrannt, wurde das Gebäude 1962 nach bereits begonnenem Wiederaufbau dann doch abgerissen. Im Jahr 2016 beschloss der Deutsche Bundestag, die Bauakademie nach dem Motto „So viel Schinkel wie möglich“, wieder zu errichten.

Der Weg führte weiter zum Petriplatz, vorbei am einstigen Staatsratsgebäude der DDR mit dem legendären Balkon vom ehemaligen Stadtschloss, das linkerhand am selben Platz, als Humboldtforum neu erstanden ist.

Der Petriplatz befindet sich im historischen Stadtteil Alt-Cölln. Er bekam seinen Namen 1809 nach der Petrikirche, die bis 1809 dort gestanden hatte. Wie der Nikolaikirchplatz in Alt-Berlin, war er vorher Kirchhof und Standort der Petrikirche, die zusammen mit der Nikolaikirche als die ältesten Kirchen Berlins gelten.

Nach dem 2. Weltkrieg war ein Großteil der Bebauung am Petriplatz, einschließlich der Kirche, zerstört. Lediglich der Erweiterungsbau des berühmten Kaufhauses Rudolph Hertzog, an der Ecke Brüderstraße, war erhalten. Die Ruine der Petrikirche wurde 1960 abgetragen.

Ein ganz besonderer Bau entsteht gegenwärtig mit dem House of One (Haus des Einen) auf dem legendären Petriplatz. Es soll den jüdisch-christlich-islamischen Dialog fördern und damit zum „interreligiösen Friedensprojekt“ werden. Das Gebäude wird unter seinem Dach eine Synagoge, eine christliche Kirche und eine Moschee beherbergen.

In den 1960er Jahren wurden nördlich des Petriplatzes Wohnhäuser in Plattenbauweise und das Gebäude des Ministeriums für Bauwesen der DDR errichtet. Südlich wurde nach Abbruch sämtlicher noch vorhandener Bebauung, bis zum Spreekanal reichend, das Wohngebiet Fischerinsel mit Hochhäusern errichtet.

In Sichtweite befindet sich der Molkenmarkt. Er gilt als ältester Markt Berlins. Über ihn verläuft die 800 Jahre alte Verkehrsader, die über den ältesten Spreeübergang – dem Mühlendamm – hinweg, die mittelalterliche Doppelstadt Cölln/Berlin verband. Es ist die Keimzelle Berlins und der Stadtgründung vor mehr als 800 Jahren.

Der Molkenmarkt als Ort der Berliner Stadtgründung ging durch Kriegszerstörungen und autogerechten Stadtumbau weitgehend verloren. Zahlreiche Fahrspuren und großflächige Kreuzungen zerschneiden seitdem die Berliner Mitte. Die historischen Spuren aus den Ursprüngen der Stadt sind ausgelöscht oder liegen unter dem Asphalt. In archäologischen Grabungen werden die verbliebenen Spuren im Zusammenhang mit dem gewaltigen Umbau gegenwärtig erforscht und gesichert.

Mit dem aktuellen Umbau, der 2024 abgeschlossen werden soll, gewinnen die Berliner wieder ein Stück historische Mitte zurück.

Durch die Verlegung der Grunerstraße werden neue Flächen gewonnen, auf denen sich ein lebendiges Quartier mit einer vielfältigen Mischung aus Wohnen, Gewerbe und Kultur entwickeln wird. Attraktive Kultur- und Einzelhandelsangebote sowie verkehrsberuhigte Bereiche schaffen einen Bereich, in dem man sich gern aufhält. Der Molkenmarkt als Ort der Stadtgründung Berlins wird wieder erlebbar.

Der Stadtspaziergang von „TourismusDialogBerlin“ endete im traditionellen Ermelerhaus mit einem Kamingespräch.

Das Haus gehört zu den wenigen in Berlin erhaltenen Patrizierhäusern. Es ist nach jener Familie benannt, die das Gebäude von 1824 bis 1914 besaß. Das Haus, 1806 entstanden, ist an seiner hellen Fassade und dem Figurenschmuck: Merkur – Symbol des Handels, und Justitia – als Hoffnung auf bürgerliches Recht, krönen die Attika, leicht zu erkennen. Bis 1966 stand es in der Breite Straße, in der Altstadt von Cölln. Bei dem radikalen Umbau des schwer kriegszerstörten Bereiches wurden Gebäude kurzerhand umgesetzt. Das Ermelerhaus an die sogenannte Friedrichsgracht, die der Große Kurfürst im 17. Jahrhundert nach holländischem Vorbild gestalten ließ.

Während des von Elke Bitterhof moderierten Kamingesprächs, konnten alle Beteiligten von Dr. Michael Mallaris Details zum Gesehenen während des Stadtspazierganges und vor allem ausführliche Informationen zum großangelegten Umbau des Molkenmarktes und insbesondere seinen „geologischen“ Pfründen nachfragen.

Bernd Schenke

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