Das Interesse an Informationen und Diskussion war groß. Davon zeugte der volle Saal mit 125…
Steak und Fleisch oder Gemüseküche – wofür steht Berlin?
Der Informations- und Diskussionsbedarf war groß, über 80 interessierte Zuhörer waren gespannt auf die „kulinarische Podiumsdiskussion“, die Dr. Stefan Elfenbein, Korrespondent für das Magazin „Der Feinschmecker“ und Vorsitzender der Jury „Berliner Meisterköche“ moderierte. Veranstaltungsort am 10. Februar 2020 war das Crowne Plaza Berlin City Centre, dessen engagiertes Team nach dem Forum sein Restaurant Wilson’s verjüngt und neu konzipiert als Wilson’s THE FINE ART OF MEAT AND GREENS auch kulinarisch präsentierte.
Die hochkarätige Runde auf dem Podium bestand aus Susanne DeOcampo-Herrmann, Küchendirektorin Crowne Plaza Berlin City Centre, Stephan Hentschel, Küchenchef Cookies Cream, Gabriele Maessen, General Managerin Steigenberger Hotel Am Kanzleramt, und Dr. Erwin Seitz, Gastrokritiker, Autor, gelernter Koch und Metzger. Es galt, die Food-Trends und die aktuelle Situation in der Hauptstadt zu erläutern. „Berlin boomt kulinarisch und hat alles auf höchstem Niveau, hier wird mit Lust und Liebe, mit Herzblut und Mut gekocht“, warf Elfenbein zu Beginn in die Runde. Doch: Was genau begeistert die Besucher und Gäste, was suchen sie?
Die Runde war sich einig, dass der Anspruch in Bezug auf Nachhaltigkeit und Regionalität deutlich zugenommen hat. Gäste möchten keine Erdbeeren im Winter essen, sondern saisonal eine gesunde, bunte Küche erleben. Und „Storytelling“, also ein Erzählen am Tisch, wird nicht nur in der gehobenen Gourmetküche erwartet. „Man will nicht nur satt werden“, wie es Stephan Hentschel formulierte, „die Gäste möchten Informationen etwa zum jeweiligen Fischzüchter, Bauern oder Jäger. Wir als erstes vegetarisches Restaurant in Berlin waren darin Vorreiter“, sagte er. Erwin Seitz drückte es drastischer aus: „Wir haben die Nase voll von industrialisierter Nahrung. Der Gast will Berlins Kreislaufwirtschaft genussvoll kennenlernen. Im Prinzip die Entdeckung der eigenen Tradition. Woher kommt das Brot, die Wurst oder Milch? Ein schönes Beispiel dafür ist der Demeter-Hof Erdhof Seewalde bei Rheinsberg, der für die Feinheit der Produkte steht.“
Die Frage, ob Fleisch auch in Zukunft noch die Hauptrolle spielen wird, wurde einstimmig verneint. Gabriele Maessen fasste dies so zusammen: „Gemüse wird in Zukunft Hauptbestandteil auf Speisekarten sein, Fleisch in geringer Menge. Natürlich schätzt der Gast eine hausgemachte Boulette, aber das Produkt muss absolut hochwertig sein und die Herkunft nachvollziehbar.“ Erwin Seitz ergänzte: „Die Zahl der Flexitarier wächst, u.a. angespornt durch ein wachsendes Umweltbewusstsein. Gäste entdecken das Alte als das Neue. Das Neue ist, was im Grunde immer schon gut war.“ Dies führe auch zu einer neuen, gesunden Wertschätzung des Begriffs Heimat.
Grüne Welle oder Steaks? Berlin sei für alles offen, so der große Tenor. Tatsächlich gibt es in der deutschen Metropole nach visitBerlin allein rund 40 vegane Lokale von Raw über Superfood bis zu CleanEating. Es gäbe nichts, was es nicht gäbe. Die Hauptstadt sei mittlerweile mit gutem Grund sogar in den internationalen Ranglisten der Top-Fooddestinationen der Welt weit oben, unter den ersten zehn zu finden, erläuterte Stefan Elfenbein. Weiter sagte er: „Um die Jahrtausendwende war hier kulinarisch noch nicht viel los.“ Der Knoten sei etwa 2006 geplatzt. „Die Stadt füllte sich mit jungen engagierten, meist kreativen Menschen, Neuberlinern wie Touristen. Die in alle Welt transportierte Energie während der Fußball-WM 2006 mag dazu beigetragen haben,“ führte Elfenbein aus.
Auf die Frage an Küchendirektorin DeOcampo-Herrmann, ob das Rip Eye Steak, für das das „alte“ Wilson‘s berühmt war, weiterhin im Angebot sei, antwortete sie: „Natürlich, aber wir stellen fest, es ist nicht mehr ausschließlich Männersache. Auch Frauen greifen zum Steak.“ Ebenso hätten aber auf der Speisekarte im neuen Wilson’s beste vegane und vegetarische Gerichte Einzug gehalten. Und selbstverständlich informieren die Serviceleute interessierte Gäste über Produkte und Herkunft. „Wir hören auch genau zu, etwa beim Thema Unverträglichkeiten. Nur durch den ehrlichen Dialog kann man sich stetig weiterentwickeln und verbessern“, so die Küchendirektorin.
Rose Marie Donhauser www.donhauser-essklasse.de